Die Besteigung der Alpspitze (2.628 m ü. NHN) ist im Sommer über mehrere Routen möglich. Je nachdem wie viele Höhenmeter man überwinden möchte, bestehen für Wanderer an der Alpspitze durch die Bergbahnen zahlreiche Möglichkeiten, die Routen zu verlängern oder zu kürzen und mit Nebenaktivitäten abwechslungsreich zu gestalten. Mit dem Startpunkt am Kreuzeck, in Hammersbach, am Hausberg oder sogar in der Partnachklamm stehen dem Bergsteiger eine Dutzend Optionen zur Verfügung, den beliebten Gipfel zu erreichen.
Nachdem die Auswahl so breitgefächert ist, beschreiben wir hier im Badersee-Blog zwei Routen – eine mäßige Tour für Anfänger mit bereits ersten Erfahrungen und eine schwere Tour für geübte Bergsteiger. Die beliebte Alpspitz-Ferrata (Klettersteig A/B) gilt mit ca. 600 hm als leichteste Strecke an der Alpspitze. Die anspruchsvolle (2.100 hm) Rundwanderung von Hammersbach über das Höllental, Mattheisenkar (Klettersteig B/C), Alpspitzgipfel und Schöngänge (Klettersteig A/B) hingegen, lässt das Herz jedes Bergsportlers höher schlagen.
Teil 2: Rundwanderung über Höllental, Matheisenkar, Alpspitze & Schöngänge für Geübte
Besteigung der Alpspitze über die Alpspitz-Ferrata, Ostgrat & Nordwandsteig mit Bergbahnunterstützung
Tourensteckbrief
Schwierigkeitsgrad: mittel (erfahrene Wanderer) bis schwer (Anfänger mit Vorkenntnissen)
Streckenlänge: ca. 4 km
Aufstiege: 600 hm
Abstiege: 600 hm
Es ist ein schöner Sonntagnachmittag im Juli. Meine heutige Tour geht am Alpspitzgipfel vorbei weiter ins Tal. Es ist perfektes Wanderwetter, keine Wolke am Himmel, hier oben ist es auch etwas kühler als im Tal, wo heute Sommerhitze herrscht. Vor mir liegt der steile, schottrige Ostgrat. Mitten im Hang sehe ich eine kleine Gruppe von Touristen aus Ostasien, die hier eine Rast machen. Die Jungs quatschen miteinander und scheinen den Ausflug zu genießen. Die zwei Mädels sitzen daneben an den Felsen. Sie tragen nagelneue weiße Turnschuhe, kurze trendige Sporthosen und Tops und haben scheinbar nichts mehr dabei. Als ich vorbei gehe, begrüßen sie mich mit einem traurigen Blick. Es ist 16:40 Uhr. Stopp! Was ist hier passiert?
Als ich mit den Touristen ins Gespräch komme, wissen sie selbst noch nicht, dass etwas schief gelaufen ist. Sie glauben immer noch, dass sie es zur letzten Bergbahn schaffen. Wird das gehen? Ich schlage vor, dass wir zusammen einige hundert Meter gemeinsam absteigen. Bereits bei den ersten Schritten wird es klar, dass der Abstieg für die Mädels extrem schwierig wird. Ich verteile meine Gehstöcke an beide junge Damen, aber wir kommen immer noch nur langsam vorwärts. Dann muss ich meinen neuen Bekannten leider die Wahrheit mitteilen. Sie müssen 2.000 Höhenmeter zu Fuß ins Tal absteigen – oder am Berg übernachten. Alternativ können sie den Notruf absetzen, aber ohne Versicherung kann die Rettung aus Bergnot teuer werden.
Wie ist es dazu gekommen, dass die Gruppe in die Notlage geraten ist? Versuchen wir die Rundwanderung über die Alpspitz-Ferrata aus der Sicht der Nicht-Bergsteiger zu sehen.
Der Start
Die Besteigung der Alpspitze startet für viele Wanderer am Zugspitzbahnhof in Garmisch. Es geht mit dem Zug zum Bahnhof „Kreuzeck – Alpspitzbahn“, dann mit der Gondel der Alpspitzbahn hoch zur Bergstation am Osterfelderkopf (2.033 m). Damit spart man gleich 1.300 Höhenmeter - von hier verbleiben nur ca. 600 hm bis zum Alpspitzgipfel.
Viele Gäste in Garmisch-Partenkirchen haben von der Alpspitz-Ferrata gehört. In den meisten Medien wird die Alpspitz-Ferrata als leichter Tagesausflug vorgestellt, der auch für Kinder und Anfänger gut geeignet ist. Das stimmt nur teilweise: für erfahrene Bergsteiger sollte die Besteigung der Alpspitze tatsächlich kein Problem sein. Hierher kommen aber auch täglich Besucher, die gar keine alpine Erfahrung haben. Auf 1.500 m Höhe ist es kein großes Problem, aber nicht auf 2.500 m! Die Berge sind ein hartes Umfeld und keine Touristenattraktion. Lesen Sie in unserem Blog, was man im hochalpinen Gelände beachten soll und welche Ausrüstung man braucht. Hier ein paar relevante Punkte:
- Harte Zeitplanung: Die Route ist von ca. Mitte Juni bis Oktober bei passendem Wetter begehbar. Die vielerorts eingegebene Zeit von 4 bis 4,5 Stunden ist nur für erfahrene Bergsteiger realistisch. Planen Sie deutlich mehr Zeit ein – am besten den ganzen Tag! – und fahren Sie mit der ersten Bahn hoch. Fragen Sie an der Bahn, wann die letzte Talfahrt ist – die Betriebszeiten im Sommer unterscheiden sich von Monat zu Monat. Am Berg kann alles passieren, daher sollte man in Kauf nehmen, dass man vielleicht doch zu Fuß absteigen muss – hier braucht man einen Notplan. In der Praxis heißt das, wer das Oberkar vor 15:30 Uhr nicht erreicht, müsste 1.500 m zu Fuß ins Tal absteigen oder im Kreuzeckhaus übernachten.
- Ausrüstung: Gute Bergschuhe, Helm und Klettersteig-Set, Gehstöcke für den Abstieg sowie Stirnlampe, warme Kleidung und Regenjacke, sollte etwas schief laufen, sollte man sie auf jeden Fall mitnehmen.
- Verpflegung: Wasser und genügend Proviant kommt als Notreserve mit, egal ob auf der Route Berghütten oder Restaurants vorhanden sind.
Der Aufstieg
Von der Bergstation folgt man ca. 30 Minuten der Beschilderung zur Alpspitze und Ferrata. Der Klettersteig, der tatsächlich sehr gut gesichert und als „leicht“ (A/B) eingestuft ist, ist beim Hochklettern sehr angenehm. Wanderer mit „normaler“ Kondition sind in der Regel in ca. 2 Stunden oben. Die Route ist auch gut markiert und der Routenverlauf leicht zu finden, dadurch ist die Orientierung auf dem Weg zum Gipfel relativ problemlos.
Meine Bekannten erzählen, dass sie um 10 Uhr morgens am Osterfelderkopf losgegangen sind. Nachdem sie die Route nach Beschreibungen aus dem Internet als entspannt empfanden und der Wetterbericht so gut aussah, nahmen sie neben dem Klettersteig-Set und Helm keine zusätzliche Ausrüstung, Verpflegung oder warme Kleidung mit. Sie hatten bereits positive Erfahrungen mit anderen Wandertouren mit ca. 500-600 hm gemacht, deswegen glaubten sie, dass die Alpspitze genauso leicht wird. Dazu hatten sie Klettern in der Kletterhalle früher ausprobiert, so war der Aufstieg über die Ferrata für alle problemlos gewesen. Als sie das Gipfelkreuz erreichten, waren alle voll begeistert!
In der Realität kann das Wetter nicht immer so perfekt wie heute sein. Wolken sorgen für kräftigen kalten Wind, und ab einer bestimmter Höhe weht am Gipfel immer ein „Gipfelwind“. So macht es Sinn, eine Fleece- und Wind-/Regenjacke für jede Tour mit einzupacken. Bei Wetterumschwüngen können die Temperaturen innerhalb eines Augenblicks sinken. Selbst die Metalltritte an der Ferrata können vereist oder bei Nässe extrem rutschig werden. Beachten Sie unsere Sicherheitshinweise und prüfen Sie unmittelbar vor der Tour den Wetterbericht.
Aber Schlechtwetter hat auch seine Vorteile – vor allem für geübte Bergsteiger. Denn bei Schlechtwetter ist die Alpspitz-Ferrata nicht so beliebt. Sonst herrscht hier oft Massenandrang und man muss sich auf lange Wartezeiten einstellen, denn Überholen ist an vielen Strecken nicht möglich.
Der Abstieg
Die Gipfelfotos sind gemacht und nach einer (hoffentlich, bei schönem Wetter) aussichtsreichen Pause am Gipfelkreuz soll es weitergehen. Aber wohin?
Der Alpspitzgipfel ist flach und breit. Durch die verstreuten Felsblöcke und Kies lassen sich die Wege nicht so leicht finden. Sollte die eine oder andere Wolke am Gipfel hängen, wird die Wegfindung und Orientierung im Nebel zu einer Herausforderung. Besonders für weniger geübte Wanderer, die im alpinen Gelände auf solchen Höhen noch nie gewesen sind. Der Wegweiser steht am tatsächlichen Gipfelpunkt, der sich ca. 50 m hinter dem Kreuz, etwas oberhalb befindet. Hier sind zwei Möglichkeiten verfügbar: geradeaus in Richtung Grießkarscharte, Höllental und Jubiläumsgrat oder nach links zum Ostgrat. Hier darf man auf keinen Fall in die falsche Richtung geraten – der Jubiläumsgrat gehört zu den anspruchsvollsten Routen in den Ostalpen. Aber auch davon abgesehen ist die Abstiegsroute über den Ostgrat eine Spurensuche. Im mittleren Bereich enthält der Weg gesicherte Abschnitte, von denen die Wanderer, die auf der richtigen Spur bleiben, profitieren können. Viele steigen aber weglos durch die Schrofen ab – und verlieren damit Zeit und Kräfte.
Zum Schluss erreicht man das Oberkar, eine breite Kiesfläche unterhalb von der Ostflanke. Hier führen wieder mehrere Wege und Abstecher durch den Kies, so muss man nach Wegweisern suchen. Vom Oberkar sollte man den Nordwandsteig in Richtung Alpspitzbahn und Osterfelderkopf nehmen. Der Weg ist zwar relativ flach, kann aber wetterbedingt durch Steinschlag oder (im Juni, im Herbst oder bei Regenwetter) Lawinenschnee gefährdet sein.
Dazu muss man bedenken, dass im Steilgelände Hochklettern leichter und schneller geht als Runterklettern. Die Abstiegsdauer richtet sich auch danach, ob man passende Ausrüstung und genügend Erfahrung im alpinen Gelände mit Geröll hat. Was kann man tun, wenn Sie merken, dass der Abstieg extrem schwer geht? Unser Tipp: Erkennen Sie es frühzeitig. Dann gehen Sie zum Gipfelkreuz zurück und steigen über die Alpspitz-Ferrata wieder ab. Der Abstieg über einen seilgesicherten Klettersteig geht schneller und leichter als durch den Schotter.
Für Anfänger mit Turnschuhen und ohne Stöcke, wie meine Bekannten heute, sieht es schlecht aus. Was ist mit der Gruppe weiter passiert?
Wie eine Besteigung der Alpspitze mit einer Rettungsaktion für Touristen endet
17.00 Uhr: Ich kann die Gruppe in der Not nicht verlassen und begleite sie weiter. Für uns macht es keinen Sinn mehr, zurück zum Kreuz aufzusteigen, da der Punkt, wo ich die Touristen gefunden habe, ca. 300 hm unterhalb vom Gipfel liegt. Im Stress verlieren wir die Spur am Ostgrat und können die weiteren Seilsicherungen nicht mehr nutzen. Besonders die beiden Mädels müssen mühsam jeden Fels abklettern. Irgendwann kommt es zum Weinen und Geständnis, dass es nicht mehr weiter geht. Wir müssen die Armen überzeugen, dass wir leider keine Wahl haben und weitere Pausen auf den Felsen uns nichts bringen, da es bald finster wird. Es war bestimmt der schlimmste Tag ihres Lebens! Die Zeit verfliegt, die Sonne neigt sich nach Westen, es wird langsam kühler und keiner der Touristen hat warme Kleidung dabei.
19.30 Uhr: Erst nach 3 Stunden stehen wir am Oberkar. Hier machen wir auch eine längere Pause, damit alle ihre Kräfte nochmals sammeln. Die Gruppe hat keine Karte und ist damit orientierungslos. Die weitere Wanderung zur Osterfelderbahn bringt uns nichts mehr. Nachdem es oben mit dem Drahtseil besser gegangen ist, entscheiden wir uns für den Schöngänge-Klettersteig, um direkt zur Hochalm abzusteigen, bevor es stockfinster wird. Die Lebensmittel aus meiner Notreserve kommen zum Einsatz. Wir verteilen einen großen Apfel und die Nussriegel für alle, damit jeder vor dem weiteren Abstieg ein paar Kalorien bekommt. In ca. 30 Minuten erreichen wir den Bernadeinsattel.
20.00 Uhr: Ich begleite die Mädels und zeige ihnen bei jedem Schritt, wie man am besten runterklettert. Das geht gut und wir erreichen nach ca. 40 Minuten das Ende der seilgesicherten Strecke der Schöngänge. Und dann kommt wieder ein steiles Geröllfeld! Für mich war das Geröll hier nie ein Problem, deswegen habe ich daran nicht gedacht. Mühsam geht es weiter im Schneckentempo runter, hier brauchen wir gleich deutlich länger als beim Drahtseil. Die Dämmerung wird immer dichter. Es leuchten schon die Sterne am Himmel, als wir den Wegweiser an der Skipiste zur Hochalm erreichen.
22.00 Uhr: Von hier ist die Hochalm nicht mehr weit entfernt. Zum Glück kommt der Mond raus, so brauchen wir meine Stirnlampe nicht unbedingt. Alle sind recht froh, dass wieder eine harte Straße und kein Geröll unter den Füßen liegt. Dabei haben wir noch keine Ahnung, was wir weiter machen. Meines Wissens sollte das Kreuzeckhaus die einzige Hütte in der Nähe sein, die Übernachtungen anbietet. Falls sie voll sind, müssen wir über Nacht durch den Wald ins Tal absteigen. Mit der Lampe sollte es gehen. Aber wir werden es versuchen, noch eine Übernachtung zu erhalten – zumindest dass die Mädels, die bereits voll erschöpft sind und einen riesigen Stress überlebt haben, heute nicht mehr weiter laufen müssen.
23.00 Uhr: Auf der breiten Hauptstraße geht es weiter und wir erreichen kurz vor 23 Uhr das Kreuzeckhaus. Die Hütte ist schon dabei, in den Nachtmodus umzuschalten, aber der Hüttenwirt hat eine erfreuliche Nachricht für uns: am Sonntagabend sind viele Betten frei, so können wir alle gerne übernachten! Gerne nehmen wir das Angebot an. Außerdem erzählt er, dass die Hütte leider oft die Wanderer beherbergen muss, die sich an der Alpspitze überschätzt haben.
23.30 Uhr: Unser Abenteuer findet ein glückliches Ende in der Gaststube, wo jeder noch eine warme Kaspressknödelsuppe und ein Getränk bekommt. Nur die Hüttenschlafsäcke muss man teuer vor Ort kaufen, aber wir freuen uns übermäßig auf ein Bett.
Am nächsten Tag steige ich in der Früh zu Fuß ab, während meine neuen Freunde etwas später mit der Bergbahn runterfahren.
Wir bedanken uns herzlich beim Hüttenteam vom Kreuzeckhaus für die Unterstützung in der Not!
Ist die Besteigung der Alpspitze für Anfänger empfehlenswert?
Unsere Antwort ist NEIN – zumindest nicht ohne Begleitung. Außerdem sollte man auf jeden Fall die richtige Ausrüstung mitbringen und für eine gute Zeitplanung sorgen. Am besten sollte man eine gewisse Erfahrung im alpinen Gelände sammeln, bevor man den Alpspitzgipfel zum ersten Mal als Ziel wahrnimmt.
Wer sich nicht sicher ist, ob es doch gehen würde, und trotzdem das Garmischer Wahrzeichen zu Fuß besteigen möchte, kann gerne eine geführte Tour an einer Bergschule in Garmisch-Partenkirchen buchen – z.B. als Teil einer Gruppe. Die Mitarbeiter können im Voraus gut einschätzen, für wen die Tour nicht machbar ist, und der Bergführer wird es gleich merken, wenn jemand in der Gruppe es nicht mehr schafft. Die Tour wird von allen Bergschulen in unserer Umgebung angeboten.
Tipps & Infos:
- Anreise: vom Hotel am Badersee ist das Kreuzeck mit der Zugspitzbahn oder auch zu Fuss gut zu erreichen. Für Autofahrer sind viele Parkplätze verfügbar (gebührenpflichtig).
- Alpspitzbahn: Info & Öffnungszeiten
- Restaurant Osterfelder 2000 Alpspitze: Info & Öffnungszeiten
- Die Hochalm ist vorübergehend geschlossen.
- Kreuzeckhaus: Info & Öffnungszeiten
- Alpinschule Garmisch: Klettersteigführung auf die Alpspitze
- Bergsteigerschule Zugspitze: Geführte Klettersteigtour auf die Alpspitze
- Der Badersee-Blog: Alpen "for Dummies" - Sicherheit im Gebirge für Einsteiger im Sommer
Alle Wanderungen im Badersee-Blog
BEWEGEN: Mehr Aktivitäten in unserem Freizeit-Guide
NOCH KEINE UNTERKUNFT FÜR DIE TOUR GEBUCHT?
Zimmer & Preise Alle Übernachtungsangebote